Niederländische Frauen berichten von befriedigendem Sexleben bis ins hohe Alter
Bei der Sexualfunktion durchläuft der Körper die Stadien des sexuellen Verlangens, der Erregung, der Lubrikation, des Orgasmus und der Befriedigung. Es gibt zwar eine allgemeine Forschung zu den Erfahrungen von Frauen mit ihrer Sexualfunktion und deren möglicher Veränderung im Laufe der Zeit, einige Studien haben aber auch gezeigt, dass Kultur eine Rolle dabei spielen kann, wie Frauen mit zunehmendem Alter Sexualität unterschiedlich erleben. Daten zu verschiedenen Populationen können nicht nur für Frauen in anderen Ländern, die diese Herausforderungen erleben, sondern auch für Ärzte/Gesundheitsdienstleister aufschlussreich sein, damit sie ihren Patientinnen Unterstützung bieten können.
Dr. Ellen Lammerink und ihr Team vom University Medical Center Groningen führten diese Studie durch, um genauere Informationen über altersbedingte sexuelle Dysfunktion bei niederländischen Frauen zu erhalten. Dies ist die größte Studie zur sexuellen Funktionsfähigkeit von Frauen in einer niederländischen Population, bei der wissenschaftlich anerkannte Fragebögen verwendet wurden.
Fokus auf den Norden
Für diese Studie wurden vier Städte im nördlichen Teil der Niederlande ausgewählt. Mit Hilfe der lokalen Behörden in jeder Stadt wurde eine willkürliche Auswahl von Frauen innerhalb bestimmter Altersklassen gewählt.
Fragebögen wurden den Frauen per Post zugeschickt. Um die Rücklaufquote zu verbessern, wurden Informationen in lokalen Zeitungen veröffentlicht, die den Zweck der Studie erklärten und versicherten, dass alle erhaltenen Informationen anonym bleiben würden. Letztendlich füllte ein Viertel derjenigen, denen der Fragebogen zugeschickt worden war, diesen aus: insgesamt 829 Frauen im Alter von 20-100 Jahren.
Den Frauen wurden anhand eines validierten Tools namens Female Sexual Function Index (FSFI) Fragen zu ihrer Sexualfunktion gestellt. Sie wurden auch zu ihrem allgemeinen Gesundheitszustand, medizinischen Informationen, täglichen Aktivitäten, Körperwahrnehmung, Wohlbefinden und Müdigkeit befragt. Die Antworten der Teilnehmerinnen wurden mit niederländischen nationalen Daten und deutschen nationalen Daten für die Daten, die in den niederländischen nationalen Befragungen fehlten (nämlich Scores für Müdigkeit und Wohlbefinden) verglichen.
Was hat man herausgefunden?
- Insbesondere nach der Menopause kam es zu einer signifikanten Abnahme der Sexualfunktion mit zunehmendem Alter. Dies betraf (gelistet von am meisten bis am wenigsten betroffen) Erregung, Lubrikation, Verlangen, Schmerzen und Orgasmus
- Sexuelle Zufriedenheit nahm mit zunehmendem Alter ab, jedoch weitaus geringer als andere Messgrößen der Sexualfunktion
- Schmerzen im Zusammenhang mit Geschlechtsverkehr wurden bei Teilnehmerinnen über 70 Jahre in weitaus höherem Maße berichtet
- Sexuelle Inaktivität nahm ab dem 50. Lebensjahr drastisch zu
- Die Studiengruppe berichtete über ein geringeres Ausmaß an Depression als die deutschen nationalen Daten
Es war eine wichtige Erkenntnis, dass die Frauen mit zunehmendem Alter über eine starke Abnahme bestimmter Indikatoren der Sexualfunktion berichteten (wie Erregung, Lubrikation und Orgasmus), während viele ältere Frauen immer noch berichteten, sexuelle Aktivitäten zu genießen (sexuelle Zufriedenheit). Dies spiegelt die komplexe Natur der Sexualität bei Frauen wider, und wie ein Umfrage-Tool, selbst wenn dieses wissenschaftlich akzeptiert wurde, möglicherweise für deren vollständige Erforschung nicht ausreicht.
Was zu beachten ist ...
Da die Teilnehmerinnen aus nur vier Städten im nördlichen Teil der Niederlande ausgelost wurden, spiegeln ihre Antworten möglicherweise nicht die Antworten niederländischer Frauen insgesamt wider. Darüber hinaus waren die Teilnehmerinnen fast alle gebürtige niederländische Frauen (99 %), Einwanderinnen waren kaum vertreten. Dies könnte auf sprachliche oder kulturelle Barrieren zurückzuführen sein, die das Lesen oder Verständnis des Fragebogens erschweren. Es könnte kann auch damit zusammenhängen, dass die in den für die Studie ausgewählten Städten einen geringerer Anteil an Einwanderern haben.
Belastung im Zusammenhang mit sexueller Dysfunktion ist eine Voraussetzung für die Diagnose einer sexuellen Störung. Dies war nicht in den Fragebögen enthalten, daher war die Identifizierung von Frauen mit möglichen sexuellen Störungen mit den in dieser Studie gesammelten Informationen nicht möglich.
Referenzartikel:
Lammerink EAG et al. (2017) A Survey of Female Sexual Functioning in the General Dutch Population. J Sex Med Jul; 1 4(7): 937-949.