Gruppentherapie – eine mögliche Behandlung für sexuelle Funktionsstörungen?
Eine Gruppe kanadischer Forscher unter der Leitung von Dr. Lori Brotto von der University of British Columbia stellte sich die Frage, ob Gruppentherapien Frauen mit geringem sexuellem Verlangen und/oder geringer Erregung und damit verbundenem Leidensdruck helfen und ob diese eine längerfristige Wirkung (6–12 Monate) bieten könnten.
Sie untersuchten die Auswirkungen der Sexualerziehung und der Gruppentherapie mit oder ohne Achtsamkeitstraining und betrachteten hierbei Veränderungen verschiedener Aspekte der Sexualfunktion der Teilnehmerinnen (d. h. Verlangen, Erregung, Leidensdruck, Zufriedenheit mit der Beziehung, Grübeln und der Eindruck der Teilnehmerinnen, wie sehr sich ihr sexuelles Verlangen und die Qualität ihres Sexuallebens nach der Behandlung verändert haben).
Welche Behandlungen wurden in der Studie untersucht?
1) Sexualerziehung und Gruppentherapie (STEP-Therapie)
2) Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (Mindfulness-based cognitive therapy, MBCT-Therapie)
Was haben sie herausgefunden?
Beide Behandlungen verstärkten das sexuelle Verlangen und die Erregung
- die Teilnehmerinnen erfuhren mehr über ihren eigenen Körper und verbesserten ihr Verständnis von Sexualität, da Frauen, die unter einem geringen Verlangen leiden, oft eine falsche Vorstellung von Sexualität haben
- die Unterstützung und den Gemeinschaftsaufbau der STEP-Therapie. Der Austausch ähnlicher Erfahrungen mit anderen Frauen hat möglicherweise für Erleichterung gesorgt, indem das Gefühl, alleine mit diesem Problem zu sein, verringert wurde/li>
- das Achtsamkeitstraining, das zu einer erhöhten Aufmerksamkeit für sexuelle Reize und zur verbesserten Wahrnehmung von Körperempfindungen führte. Dies könnte auch einige der psychologischen Hindernisse für sexuelle Erregung beseitigt haben, indem negative Gedanken verringert wurden
- positive Erwartungen an die Behandlungen
Achtsamkeitstraining reduzierte den Leidensdruck und verbesserte die Zufriedenheit mit der Beziehung
Beide Behandlungen zeigten eine Abnahme des sexuell bedingten Leidensdrucks, in der Achtsamkeitsgruppe waren diese Veränderungen jedoch signifikant stärker ausgeprägt. Dies war wahrscheinlich auf die Entwicklung von Selbstmitgefühl durch die Achtsamkeitsübungen zurückzuführen.
Die Teilnehmerinnen in der Achtsamkeitsgruppe zeigten auch zu allen Nachbeobachtungszeitpunkten signifikant größere Verbesserungen der Zufriedenheit mit ihrer Beziehung.
Schlussfolgerungen
Referenzartikel:
Brotto LA et al. (2021) A randomized trial comparing group mindfulness-based cognitive therapy with group supportive sex education and therapy for the treatment of female sexual interest/arousal disorder. J Consult Clin Psychol; 89(7): 626-639.