Gruppentherapie - eine mögliche Behandlung für sexuelle Funktionsstörungen? - My Sexual Health

Gruppentherapie – eine mögliche Behandlung für sexuelle Funktionsstörungen?

Eine Gruppe kanadischer Forscher unter der Leitung von Dr. Lori Brotto von der University of British Columbia stellte sich die Frage, ob Gruppentherapien Frauen mit geringem sexuellem Verlangen und/oder geringer Erregung und damit verbundenem Leidensdruck helfen und ob diese eine längerfristige Wirkung (6–12 Monate) bieten könnten.

 

Sie untersuchten die Auswirkungen der Sexualerziehung und der Gruppentherapie mit oder ohne Achtsamkeitstraining und betrachteten hierbei Veränderungen verschiedener Aspekte der Sexualfunktion der Teilnehmerinnen (d. h. Verlangen, Erregung, Leidensdruck, Zufriedenheit mit der Beziehung, Grübeln und der Eindruck der Teilnehmerinnen, wie sehr sich ihr sexuelles Verlangen und die Qualität ihres Sexuallebens nach der Behandlung verändert haben).

Welche Behandlungen wurden in der Studie untersucht?

Die 148 kanadischen Frauen wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt, von denen beide acht wöchentliche Behandlungssitzungen absolvierten. Die Therapien wurden von Ärzten durchgeführt, die auf Gruppentherapie spezialisiert waren und die über Kompetenzen auf dem Gebiet der sexuellen Funktionsstörungen verfügten. Zudem erhielten alle Teilnehmerinnen „Hausaufgaben“, für zu Hause außerhalb der Gruppensitzungen.

1) Sexualerziehung und Gruppentherapie (STEP-Therapie)

Diese Teilnehmerinnen erhielten eine Sexualerziehung und Gruppentherapie, einschließlich Sensualitätstraining („Sensate Focus“). Sensate Focus ist eine Technik, bei der Paare einander berühren und sich ihre volle Aufmerksamkeit schenken, und bietet die Möglichkeit, eine gesunde Kommunikation zwischen Partnern zu vermitteln.

2) Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (Mindfulness-based cognitive therapy, MBCT-Therapie)

Diese Gruppe erhielt die gleiche Sexualerziehung und Unterstützung wie die STEP-Therapiegruppe, wurde aber auch mit Achtsamkeitsübungen vertraut gemacht. Die Teilnehmerinnen verbrachten jeweils eine Stunde pro Sitzung damit, sich den erogenen Zonen des Körpers achtsam und entspannt zuzuwenden.

Was haben sie herausgefunden?

Beide Behandlungen verstärkten das sexuelle Verlangen und die Erregung

Beide Behandlungen lieferten eine signifikante Zunahme des sexuellen Verlangens und der Erregung, die nach der Behandlung 6 bis 12 Monate lang aufrechterhalten wurde. Diese Verbesserungen können auf Folgendes zurückzuführen sein:
  • die Teilnehmerinnen erfuhren mehr über ihren eigenen Körper und verbesserten ihr Verständnis von Sexualität, da Frauen, die unter einem geringen Verlangen leiden, oft eine falsche Vorstellung von Sexualität haben
  • die Unterstützung und den Gemeinschaftsaufbau der STEP-Therapie. Der Austausch ähnlicher Erfahrungen mit anderen Frauen hat möglicherweise für Erleichterung gesorgt, indem das Gefühl, alleine mit diesem Problem zu sein, verringert wurde/li>
  • das Achtsamkeitstraining, das zu einer erhöhten Aufmerksamkeit für sexuelle Reize und zur verbesserten Wahrnehmung von Körperempfindungen führte. Dies könnte auch einige der psychologischen Hindernisse für sexuelle Erregung beseitigt haben, indem negative Gedanken verringert wurden
  • positive Erwartungen an die Behandlungen

Achtsamkeitstraining reduzierte den Leidensdruck und verbesserte die Zufriedenheit mit der Beziehung

Beide Behandlungen zeigten eine Abnahme des sexuell bedingten Leidensdrucks, in der Achtsamkeitsgruppe waren diese Veränderungen jedoch signifikant stärker ausgeprägt. Dies war wahrscheinlich auf die Entwicklung von Selbstmitgefühl durch die Achtsamkeitsübungen zurückzuführen.

Die Teilnehmerinnen in der Achtsamkeitsgruppe zeigten auch zu allen Nachbeobachtungszeitpunkten signifikant größere Verbesserungen der Zufriedenheit mit ihrer Beziehung.

Schlussfolgerungen

Achtsamkeitstherapie und unterstützende Sexualerziehung sind sowohl bei der Verbesserung des geringen sexuellen Verlangens als auch bei Erregungsproblemen bei Frauen wirksam. Insbesondere die Achtsamkeitstherapie zeigte eine deutliche Verringerung des sexuell bedingten Leidensdrucks der Frauen. Viele dieser positiven Veränderungen wurden bis zu einem Jahr nach dem Ende der aktiven Behandlung aufrechterhalten, was bedeutet, dass Frauen sich weiter entwickeln und aus den in diesen Sitzungen erlernten Techniken lernen können.

Referenzartikel:

Brotto LA et al. (2021) A randomized trial comparing group mindfulness-based cognitive therapy with group supportive sex education and therapy for the treatment of female sexual interest/arousal disorder. J Consult Clin Psychol; 89(7): 626-639.